Kein aha-Erlebnis
27. 9. 2002
Gymnasiasten aus Porta besuchen "Holländer"-Probe im Stadttheater

Von Udo Stephan Köhne

Minden (usk). Ein Grund zu besonderer Aufregung ist der Gang in den ersten Rang des Mindener Stadttheaters nicht. Von dort nämlich dürfen Schüler der Jahrgangsstufen 11 und 13 des Gymnasiums Porta an diesem Nachmittag eine "Holländer"-Probe beobachten.

Gelassen und konzentriert ist das Verhalten der Schüler, das Erstaunen begrenzt. Zu gründlich war offenbar die Vorbereitung; leuchtende Augen gibt es nicht zu sehen. Nicht verwunderlich, dürften doch viele, die in der Oberstufe einen Musikkurs belegen, selber mit dem Musikmachen vertraut sein und daher wissen, wie eine Probe abläuft.

Das Auf und Ab der Entstehung eines Musikstückes, die vielleicht langatmige Erarbeitung einer Phrase, das Erleben des Resultates unter Konzertbedingungen, es ist den Schülern nicht unbekannt. Nachfragen bringen keine Überraschungen.

"Eigentlich schon" antworten Sven Schalk und Carolin Wiese übereinstimmend auf die Frage, ob sie sich eine Opernprobe so vorgestellt haben. Eine Stunde sind sie und andere Portaner Schüler Zeugen einer Probe zum zweiten Akt. 30 Minuten Durchlauf kann man an diesem Nachmittag erleben, ehe der Dirigent unterbricht und muntere Betriebsamkeit einsetzt. Der Dirigent wirft seinen Pulli ab, der Tenor diskutiert mit dem Regisseur, Senta studiert noch einmal die Partitur, die "Spinnerinnen" springen aus dem Zuschauerraum auf die Bühne zurück. Lauter kleine Geschichten ereignen sich.

Dann geht es zurück an den Beginn, es werden Korrekturen angesprochen und Details besprochen, Fehleinsätze kritisiert. "Haben wir ein Kommunikationsproblem?" fragt der Dirigent. "Nein ich habe nur gepennt", antwortet Senta.

Solche Dialoge dürften auch Sven Schalk und Carolin Wiese kennen. Beide sind selber musikalisch aktiv. Sven Schalk spielt im Posaunenchor und "überall, wo ich gebraucht werde". Carolin Wiese lernt Violoncello, hat Erfahrungen im Landesjugendorchester sammeln können. Beide kennen die Konzertatmosphäre, weniger allerdings die Oper, haben sich seit Anfang des Schuljahres mit dem "Fliegenden Holländer" beschäftigt. Leitmotive wurden studiert, Passagen vorgespielt, im Klavierauszug gelesen.

Auch für Elke Jahnentz und das Gymnasium Porta, das am 8. Oktober mit 66 Schülerinnen und Schülern den "Holländer" besuchen wird, ist die Besprechung und Analyse einer Oper "absolut neu". Denn Jahnentz hält es nicht für sinnvoll, Opern anschauungslos vorzustellen. Jetzt aber, wo der Analyse Probenbesuch und Aufführung folgen und Zeitungsartikel studiert werden, mache dies Sinn. Die Schüler haben sich zudem mit dem Besonderen dieser Produktion beschäftigt. In der Jahrgangsstufe elf ist dies alles außerdem Teil eines Projektes, das sich mit der Untersuchung des kulturellen Lebens beschäftigt.

Nach einer Stunde im Stadttheater zieht die Schülerschar ihres Weges. Ob bereichert, werden die kommenden Unterrichtsstunden zeigen. Als Publikum zumindest haben sie die Bewährungsprobe bestanden: Ein derart geringer Störfaktor im Rang ist bemerkenswert.

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