Anne Schwanewilms sang am Sonntag die
"Senta" in der Mindener "Holländer"-Inszenierung.
Foto: Theater
Von Udo Stephan Köhne
Minden (usk). Noch eins draufgesattelt: Allein mit der Premiere des "Fliegenden Holländer" gab sich der Richard-Wagner-Verband musikalisch nicht zufrieden.
In der zweiten Vorstellung ließ er in der Rolle der Senta die international renommierte Sopranistin Anne Schwanewilms gastieren. Die dem Mindener Publikum prompt zeigte, was internationale Erfahrung wert ist, wie die sängerische Weltklasse gestaltet, wo das Potenzial liegt, um zu den Großen des Fachs zu gehören.
Eine glückliche Fügung also, die in letzter Zeit zwischen Bonn, Linden-Oper Berlin und London hin und her reisende Sängerin zum Jubiläum verpflichten zu können. Wunderbarer Gang des Schicksals auch, dass die Sängerin ihre erste Vorstellung nach der Kür zur "Sängerin des Jahres" ausgerechnet im Mindener Stadttheater absolvierte. Für ihre Rollenporträts der Grete in Franz Schrekers "Der ferne Klang" und der Titelpartie in Carl Maria von Webers "Euryanthe" war die Schwanewilms von der Opernkritikerzunft vergangene Woche ausgezeichnet worden.
In Minden zeigte sie, dass auf der nach oben offenen Gestaltungsskala viel Platz für das "Außergewöhnliche" ist. Zunächst fiel die immense Bühnenpräsenz der in Gelsenkirchen geborenen Sängerin ins Gewicht. Blicke und Gesten, die sitzen; Rollenerfahrung (Erarbeitung der Senta mit Harry Kupfer in Berlin) und Bühneninstinkt gehen eine glückliche Verbindung ein. Dann die sängerische Gestaltungskraft: eine schlanke, aber trotzdem dramatische Mittel besitzende Stimme hörte man, die den einmal fokussierten Ton zum Erblühen bringen kann, den mit Mozartscher Leichtigkeit erzeugten Klang zu überbordener Pracht zu steigern weiß.
Vorbildlich die Textverständlichkeit, überlegt die interpretatorische Anlage der Rolle, bis ins Detail nuanciert die Mischung der vokalen Farbwirkungen - (fast) alles hat Bedeutung. Im Zusammenspiel mit der ansonsten unveränderten und musikalisch intakten Premierenbesetzung ergab sich ein Abend, der denen, die dabei waren, in Erinnerung bleiben wird. Dem Wagner-Verbands-Jubiläum sei Dank.
Die weiteren "Holländer"-Aufführungen im Stadttheater beginnen um 19.30 Uhr, sonntags um 18 Uhr.