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![]() WAGNER UND DIE MYTHEN ![]() |
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Leiter des Preußenmuseums gab Vorschau auf Wagner-Projekt im Herbst Von Martin Steffen Minden (mar). "Dich, teure Halle, grüß' ich wieder" - mit dieser Arie auf den Lippen dürften zwischen 1829 und 1994 die wenigsten Rekruten die Mindener Defensionskaserne betreten haben. Sonntagabend hatten der Richard-Wagner-Verband und das Preußen-Museum in den alten Militärbau eingeladen. Und so war die Arie der Elisabeth aus der Oper Tannhäuser, vorgetragen von der Sopranistin Bettina Geer und begleitet von Andr±as Vermesy am Klavier, das durchaus passende Musikstück. ![]() Erste Objekte der für den Herbst geplanten Wagner-Ausstellung "Der Mythos des Erlösers" präsentierte der Leiter des Preußen-Museums, Dr. Veit Velzke, dem Publikum am Sonntag. Das Preußen-Museum zeigt vom 29. September an die Ausstellung "Der Mythos des Erlösers. Richard Wagner und die deutsche Gesellschaft 1871-1918". Der internationale Museumstag bot die Gelegenheit, das Stipendiatenkonzert des Richard-Wagner-Verbandes im Vortragssaal des Museums stattfinden zu lassen. Dr. Veit Veltzke, Direktor des Preußen- Museums, vermittelte bei dieser Gelegenheit erste Einblicke in das Kooperationsprojekt zwischen dem Museum, dem Richard-Wagner-Verband und dem Stadttheater. Die Ausstellung werde "eine Art Begleitveranstaltung" zur Neuinszenierung des "Fliegenden Holländers", die am 28. September Premiere hat. "Gerade die hochwertigsten Ausstellungsstücke werden erst einige Wochen vor Beginn der Ausstellung eintreffen", begründete Veltzke den "Vorgeschmack", den vorerst nur einige Leihgaben aus dem Bestand des Richard-Wagner-Museums in Bayreuth vermittelten. Der Einfluss Richard Wagners auf die nationale Mythenwelt des Kaiserreiches und auf Mentalität und Ideologie des deutschen Bürgertums stehen im Mittelpunkt der von Veltzke konzipierten Ausstellung. "Eine der Grundfragen ist die nach dem Missverhältnis eines bis in die späten Tage anarchischen Künstlers mit sozialistischen Sympathien, und seiner Instrumentalisierung als nationales Aushängeschild des Kaiserreiches." Veltzke schilderte den Spagat zwischen einem Künstler, dem die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zutiefst unsittlich erschienen seien, dessen Musik aber für das wilhelminische Bürgertum "rauschhaftes Erlebnis" gewesen sei. Im Gegensatz zu bürgerlichen Vorstellungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts hätten Tabubrüche in Wagners Werk gestanden - wie etwa der Inzest zwischen Siegmund und Sieglinde, aus dem im "Ring" Siegfried hervorgeht. Wagner habe von der "Verbrüderung der Machtlosen" geträumt, von einer "Lebensreform" und einer "Rettung der Religion durch die Kunst". Anders als die Masse seiner Anhänger habe er von einer Verbindung der machtlosen Einzelinteressen von "Vegetariern, Tierschützern, Mäßigkeitspflegern und Sozialisten" gesetzt. Die Ausstellung werde ebenfalls auf die Geschichte der organisierten Wagnerbewegung eingehen. Sie sei durch den Gegensatz elitärer Anhänger Wagnerscher Ideen zu einer "eher unbedarften bürgerlichen Vereinsmehrheit" gekennzeichnet gewesen, für die die Musik im Mittelpunkt gestanden habe. Ein Thema werde der so genannte "Bayreuther Kreis" sein, dessen neogermanisch-völkische Ideologie und Ersatzwelten auch durch Ausstellungsstücke wie einen entsprechend geschnitzten Stuhl Houston Stewart Chamberlains illustriert werde. Auch der "heroische Pessimismus" des Nibelungenliedes sei schließlich im abstrakt-mythischen Nationalismus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg prägend gewesen, verwies der Museumsdirektor auf Wagners problematisches Erbe, das "mit seiner Mitleidsethik und seiner antimilitaristischen Grundeinstellung nichts gemein" habe. Dr. Jutta Hering-Winckler, Vorsitzende des Richard-Wagner-Verbandes Minden, freute sich über die Zusammenarbeit mit Stadttheater-Chef Bertram Schulte und Dr. Veit Veltzke, dessen Interesse an Wagners Werk und Biographie sie ausdrücklich würdigte. Mit Blick auf die Ausstellung und die Mindener Inszenierung des "Holländers" habe der Wagner-Verband sein Stipendiatenkonzert in die Kulisse einer preußischen Wehranlage verlegt. Bettina Geer sang neben der Arie aus "Tannhäuser" die Arie der Wally aus Alfredo Catalanis Oper "La Wally", und das "Pace, mio Dio" aus Verdis "Macht des Schicksals". Vermesys Klaviersolo "Ankunft bei den schwarzen Schwänen" aus Wagners "Lohengrin" leitete zur Arie der Elsa, "Einsam in trüben Tagen" über. Ein Instrumentalstück beschloss nach den Opernausschnitten das musikalische Programm: Tilman Gruhn (Bassposaune) und der Pianist Robert Kamlage spielten Alexej Lewedevs Konzert für Bassposaune mit Klavier in a-moll. copyright by mt-online.de ![]() |
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