Venus steigt aus dem Orchestergraben empor
Jason Southgate stellt seinen Entwurf für das Mindener „Tannhäuser"-Bühnenbild vor
Von Ursula Koch
Minden (mt). Der Venusberg wird in der Mindener „Tannhäuser"-lnszenierung, die am 23. Oktober im Stadttheater Premiere haben wird, nahezu wörtlich genommen. Bühnenbildner Jason Southgate lässt die Sängerin der Venus in einem mächtigen Rock auftreten, unter dem sich bis zu 16 Tänzerinnen bewegen werden.
Jason Southgate (re.) präsentiert seinen Entwurf für das
Tannhäuser-Bühnenbild der Vorsitzenden des Wagner-
Verbandes, Jutta Hering-Winckler, und Theaterleiter
Bertram Schulte. MT-Foto: Otto
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Am Donnerstag präsentierte Southgate sein Modell des Bühnenbildes erstmals dem Dirigenten Frank Beermann und dem Mindener Bühnenmeister Michael Kohlhagen, um Details für die Produktion abzusprechen. Beermann zeigte sich sehr angetan von dem Entwurf: „Ich finde das sehr spannend. Die Raumsituation ist sehr speziell und das ist enorm kreativ genutzt", sagt der Dirigent. Auch die Tatsache, dass die Venus statisch sein werde.
Das Spezielle am Mindener Theater ist, dass der Orchestergraben recht klein ist. Darum müssen Orchester und Chor bei großen Opernproduktionen mit auf die Bühne. So war es auch vor drei Jahren, als der Wagner-Verband zu seinem 90-jährigen Bestehen gemeinsam mit der Nordwestdeutschen Philharmonie (NWD) Wagners „Fliegenden Holländer" auf die Bühne brachte. Damals stand ebenfalls Frank Beermann am Pult. Für ihn ist die Bühnensituation speziell, weil er nicht Musiker und Sänger gleichzeitig im Blick behalten kann, die Sänger agieren in seinem Rücken. „Wir haben damit 2002 keine schlechten Erfahrungen gemacht", sagt Beermann. Das
Problem lasse sich durch Monitore auf der Bühne und im Zuschauerraum lösen. Doch für den Tannhäuser seien deutlich mehr Monitore erforderlich, weil viel mehr Darsteller auf der Bühne sein werden.
So bleibt Southgate für die Gestaltung der Bühne nur der Raum bis zum vierten Kulissenzug, kurz hinter dem Bühnenportal. Wie der Mindener Architekt Hans-Peter Korth, der das Bühnenbild für den „Holländer" entworfen hatte, nutzt er den kleinen Raum, indem er den Orchestergraben öffnet. Darüber bringt er eine leicht schräge Ebene als Auftrittsort für Tannhäuser, die Pilger und die Jagdgesellschaft im ersten Akt an. Der Venusberg in Person der Venus wird davor aus dem Orchestergraben emporsteigen. Eine Treppe, die aus
dem Orchestergraben hinauf auf den ersten Bühnenumlauf führt, werden die Pilger auftreten und dort wird auch der Sängerwettstreit stattfinden. Die Mindener Tannhäuser-Produktion nimmt also erste Formen an.
Für Jason Southgate, 1970 in Liverpool geboren, der sein Studium an Central St. Martins in London 1994 abschloss, ist „Tannhäuser" die zweite Zusammenarbeit mit dem Regisseur Keith Warner. Im vergangenen Jahr realisierten sie für die Oper Frankfurt „La Cenerentola", für die Southgate ein sehr futuristisches Bühnenbild entwarf. Diese Produktion hält er selbst für die gelungenste seiner bislang gut 20 realisierten Bühnenbilder. Seine Vorliebe gilt der Oper, auch wenn er ebenfalls für das Schauspiel ar-
beitet, denn Oper sei stimulierender und visueller, erlaube dem Bühnenbildner mehr Dramatik. „Starke Farben und etwas abstrakt", mit diesen Stichworten umreißt er selbst das Typische seiner Arbeiten.
Was jetzt folgt, bedeutet für Jutta Hering-Winckler, Vorsitzende des Mindener Wagner-Verbandes, den nächsten Berg Arbeit. Sie muss nun Kostenvoranschläge für einzelne Elemente des Bühnenbildes einholen. Mit unerschütterlichem Optimismus geht sie auch diese Aufgabe an. Und sie ist sich sicher, dass sie mit Hilfe eines heimischen Ingenieurs auch die von Beermann bemängelte Lautstärke der Hydraulik in den Griff bekommen wird. Ein paar Probleme bleiben also noch zu lösen bis zur „Tannhäuser"-Premiere in Minden.
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