„Das Wunder Stimme treibt mich um"
Sopranistin Susanne Eisch über Menschen, Musik und Minden /
Als Hirt in der Oper „Tannhäuser" zu erleben
Von Udo Stephan Köhne
Minden (usk). Der Treffpunkt ist passend gewählt. Im Rangfoyer neben jener vom Wagner-Verband gestifteten Wagner-Statue von 1942 trifft man Susanne Eisch zum Pressegespräch. Auf dem roten Sofa erzählt die seit einigen Jahren in Minden beheimatete Sopranistin über die Kunst des Singens, über den Mindener „Tannhäuser", in dem sie die Rolle des jungen Hirten übernehmen wird, schließlich noch über die kulturelle Situation in der Weserstadt.
Susanne Eisch probt die Partie des Hirten.
Foto: Theater
Eine aufgeweckte, ihre Stellung im Musikleben reflektierende Künstlerin stellt sich vor. Nichts von Allüren, keine Unnahbarkeiten, dagegen Begeisterung für den Beruf und damit für die Kunst ist zu spüren. Aus einer Künstlerfamilie, die im bayerischen Wald beheimatet ist, stammt Susanne Eisch. „Bei uns zu Hause wurde noch Streichquartett gespielt", erzählt sie und dass ihr Vater sie als Elfjährige bei Schubert-Liedern begleitet hat. Kunst gab es um sie herum. Vater Erwin Eisch ist ein international bedeutender Maler und Glaskünstler, dessen Arbeiten gerade in der Glashütte Gernheim zu sehen waren.
Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte" war dann ihr Erweckungserlebnis Richtung klassische Musik. Aber auf die eine Richtung wollte und will sich die Sopranistin nicht festlegen lassen. Mit dem einen Fuß hier und mit dem anderen auch einmal dort (Gospel oder Musical) zu stehen, hat ihr nie etwas ausgemacht. Flexibilität im Denken hat sie von zu Hause mitbekommen. „Das Wunder Stimme ist es, das mich umtreibt. Es ist einfach ein grenzenloses Mysterium." Jetzt spricht die nachdenkende, die tief empfindende, die leidenschaftliche Anwältin der Gesangskunst. „Singen zu dürfen empfinde ich Tag für Tag als großes Geschenk." Heute unterrichtet Susanne Eisch viel Gesang und steht eher selten auf der Theaterbühne. Dafür gibt sie Konzerte.
Die Fakten berichtet sie nüchtern, aber wenn es um die Möglichkeiten des Singens geht, wird sie enthusiastisch: „Die Stimme kann dich unabhängig vom technischen Niveau mit dir selbst in Kontakt bringen." Immer wieder geht es um psychologische Aspekte, um jene so schwer fassbaren Dinge, die Kunst mit den Menschen veranstalten kann. Da ist Susanne Eisch eine offensive und vor allem intelligente Verfechterin ihres Standes. In der „Tannhäuser"-Produktion von Keith Warner die kleine Partie des Hirten singen zu dürfen, macht sie „richtig froh". Sie freut sich natürlich über das Engagement durch Warner, mehr noch, „dass es jetzt auch richtig gut klappt", wie sie nach dem Ende der ersten Probenwoche vermerkt.
Und dann erläutert sie ihre Partie, die heikel ist: weil sie a cappella ist und wahnsinnig kurz. „Erst das Toben der Venusberg-Szene, dann die plötzliche Stille und ich muss loslegen." Am Ende stehe dann die Frage, ob man in der gleichen Tonart heraus komme: das beschäftigt sie.
Dann hat sie noch einige wohltuende Bemerkungen zu Mindener Szene und Publikum. „Es lebt sich nicht ganz schlecht als Sängerin in Minden. Das Mindener Publikum ist wunderbar. Ich freue mich immer, wenn ich hier irgendwo singe. In den paar Jahren, die jetzt hier bin, hat sich eine richtige Beziehung zu den Menschen, die in meine Konzerte gehen, entwickelt." Und so freut sich die Sopranistin auf neue, gerne auch ungewöhnliche Projekte wie jüngst ein Konzert in Petershagen mit Werken von Fanny Hensel-Mendelssohn. Für „andersartige Programme" ist Susanne Eisch überhaupt zu haben.
Und dann noch: „Ich bin überrascht, wie viele singebegeisterte Menschen hier leben." Balsam auf die Wunden der manchmal an sich zweifelnden Kulturszene. Ihn von Susanne Eisch aufgetragen zu bekommen, hat große Glaubwürdigkeit.
Rund um die Produktion des Mindener „Tannhäuser" wird es beim Stadtgespräch des Mindener Tageblatt am Sonntag, 23. Oktober, 11 Uhr, im Stadttheater Minden gehen. Eingeladen sind Stargäste aus dem Ensemble - zugesagt haben bereits John Pierce („Tannhäuser") und Anne Schwanewilms („Elisabeth") sowie Susanne Eisch. Auch viele von denen, die die Produktion auf die Bühne gebracht haben, werden dabei sein. Es gibt Szenen vom „Weißen Sonntag" zu sehen. Musik zu hören und - besonderer musikalischer Höhepunkt - der Chor der Richard-Wagner-Gesellschaft Sofia wird auftreten. Der Eintritt ist frei. Karten für diese Veranstaltung (maximal vier pro Person) gibt es ab dem heutigen Samstag bei express. Obermarktstraße 28 - 30, Telefon 0571 /8 82 77 und beim Ticketservice, Domstraße 2, Telefon 05 717911 91 11.
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