Siegfried / Handlung
Das Wagner Kompendium, Barry MillingtonVorspiel und erster Aufzug
Schauplatz des ersten Aufzugs ist eine Felsenhöhle im Wald. Das Vorspiel beginnt mit einem sanften Wirbel der Pauken und einem wiederholten zweitönigen Fagott-Motiv, das den dunklen Wald sowie den verschlagenen Nibelungenzwerg Mime, der hier lebt, versinnbildlicht. Andere Motive, die mit den Nibelungen und dem Ring verbunden sind, erklingen, unerwartet sodann das Schwertmotiv, bevor sich der Vorhang hebt und Mime zu sehen ist, auf einem Amboss hämmernd. Er verflucht seine mühselige Arbeit und seine hoffnungslosen Versuche, ein Schwert zu schmieden, das der junge Siegfried nicht zerbrechen kann. Wenn er nur die Fähigkeit hätte, die Trümmer von Nothung, dem Schwert von Siegfrieds Vater Siegmund, zusammenzuschweißen - dieses Schwert würde jedem Hieb widerstehen. Der Riese Fafner habe sich in einen feuerspeienden Drachen verwandelt, um den Schatz der Nibelungen besser beschützen zu können. Wenn er, Mime, nur Nothung schmieden könnte, wäre Siegfried imstande, den Drachen damit zu erschlagen, und der Ring würde in Mimes Besitz gelangen.
Siegfried kommt aus dem Wald, einen riesigen Bären an einem Seil führend. Lachend sieht er zu, wie der Bär Mime durch die Hütte hetzt. Das für ihn geschmiedete Schwert zerschmettert er höhnisch auf dem Amboss. Siegfried fragt nach seiner Herkunft und seinen Eltern. Mime berichtet, er habe sich einst einer Frau erbarmt, die wimmernd im Wald lag, und sie in seine Höhle gebracht. Sie sei bei Siegfrieds Geburt gestorben, und er, Mime, habe ihren Wunsch erfüllt, ihn aufzuziehen. Siegfried erfährt auch den Namen seiner Mutter - Sieg-linde -, nicht aber den seines Vaters. Als Siegfried Beweise für die Geschichte fordert, holt Mime die Bruchstücke von Nothung, die Sieglinde seiner Obhut anvertraut hatte. Siegfried ist begeistert; er befiehlt, das Schwert wieder zusammenzuschmieden, und läuft aus Freude über die Aussicht auf Freiheit, die es ihm bringen würde, in den Wald. Mime sitzt niedergeschlagen am Amboss und überlegt verzweifelt, wie er aus den Stücken ein unzerstörbares Schwert formen könnte.
Ein Wanderer (der verkleidete Wotan) erscheint an der Tür der Höhle. Er trägt einen großen Hut, dessen Krempe sein fehlendes Auge verbirgt, und einen Speer.
Er wettet um sein Haupt, dass er jede Frage beantworten könne, die Mime ihm stelle. Der Zwerg fragt zuerst nach dem Geschlecht, das in den Tiefen der Erde lebt, und erhält zur Antwort, das seien die Nibelungen, die von Alberich beherrscht würden. Dann fragt er, welches Geschlecht auf dem Rücken der Erde lebe. Die Riesen, lautet die Antwort. Die dritte Frage betrifft die Bewohner der »wolkigen Höhn«. Dort wohnen die Götter, antwortet der Wanderer, beherrscht von Wotan. Als sein Speer dabei den Boden berührt, ist Donner zu vernehmen.
Der Wanderer verlangt daraufhin den gleichen Wett-einsatz von Mime und fragt zuerst nach dem Namen des Geschlechts, das Wotan schlecht behandelt habe, obwohl es ihm das liebste sei. Die Wälsungen, antwortet Mime selbstsicher. Die zweite Frage betrifft das Schwert, das der Held Siegfried schwingen werde. Nothung, lautet Mimes Antwort. Aber als der Wanderer danach fragt, wer dieses Schwert schmieden werde, fährt Mime entsetzt auf: Er weiß es nicht. Der Wanderer tadelt Mime dafür, dass er nicht die Frage gestellt habe, die ihm von Nutzen gewesen wäre. Die Antwort sei: »Nur wer das Fürchten nie erfuhr, schmiedet Nothung neu.« Er überlässt Mimes Haupt dem Furchtlosen und verschwindet.
Mime bleibt erregt zurück. Im flackernden Feuer glaubt er erschreckt die Gestalt des Drachen zu sehen. Siegfried kehrt zurück. Da der Zwerg erkennt, dass sein Leben dem furchtlosen Siegfried verfallen ist, entschließt er sich, den Jungen das Fürchten zu lehren. Siegfried verlangt die Trümmer des Schwerts und beginnt es selbst zu schmieden, wobei er die Stücke zunächst in Späne feilt. Mime schaut erschrocken zu. Als Siegfried den Namen des Schwerts erfährt, besingt er es begeistert (Schmelzlied). Währenddessen beschließt Mime, Siegfried nach seinem Kampf mit dem Drachen einen vergifteten Trunk zu verabreichen und ihn dann mit seinem eigenen Schwert zu töten. Schließlich ist das Schwert fertig. Siegfried spaltet mit ihm den Amboss mit einem Hieb, und Mime stürzt erschreckt zu Boden.